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Lebensqualität bei Patienten mit myelodysplastischen Syndromen

Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Ulrich Schuler, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden
Quellenangabe: Deutsches MDS-Forum - Dresden 2006
Stand: 27.11.2006

Die Myelodysplasischen Syndrome beeinträchtigen die Lebensqualität (qualitiy of life, QOL) auf vielfältige Weise [Thomas ML 2005]]. Neben der pathophysiologisch im Vordergrund stehenden Anämie sind auch psychosoziale Beeinträchtigungen, wie die Inanspruchnahme durch häufige Arztbesuche, der psychische Umgang mit dem Wissen um die infauste Prognose und die damit verbundene Ungewissheit über die Zukunft wichtige Determinanten der QOL. Noch vor kurzem war die Therapie beim älteren Patienten kaum Erfolg versprechend, bzw. weitgehend symptomatisch. Da eine Beeinträchtigung der QOL zum gr0ßen Teil durch die Anämie bedingt scheint, lag es nahe durch Erythropoese stimulierende Faktoren wie Erythropoietin und Darbepeotin den Hämoglobingehalt anzuheben. Es lag nahe, den Benefit der Behandlung über eine Erfassung der Lebensqualität nachzuweisen, da eine Verbesserung der Prognose primär nicht zu erwarten ist. Eine temporäre Verbesserung der QOL war in einigen [Spiriti Ma 2005][Hellstrom-Lindberg E 2003], wenn auch nicht allen Studien [Thomas ML 2005] nachweisbar und ist in de Regel auf wenige Monate beschränkt. Übliche Instrumente der Erfassung sind dabei Fragebögen wie der EORTC-C30 [Aaronson NK 1988] oder der SF-36 Health Survey [Ware JE 1992]]. Teilweise finden auch Fragebögen Anwendung, die nur Teilaspekte der QOL, wie die Anämie-bedingte Fatigue erfassen.

Neue therapeutische Optionen wie Aza-C [Kronblith AB 2002], Decitabine [Kantarjian H 2006] oder Lenalidomid [List AF 2005] stehen weniger im Zwang, eine Verbesserung der QOL nachzuweisen, da der prognostische und symptomatische Nutzen klarer erkennbar ist. Doch auch hier wurde teilweise der Beleg erbracht, dass die objektivierbaren Verbesserungen mit der subjektiven Einschätzung der QOL assoziiert sind. Dabei ist beachtlich, dass sich diese Verbesserungen nicht wie bei den ESFs auf die ohnehin prognostisch günstigen Subgruppen beschränken. Ob das neu verfügbare Deferasinox als orale Chelatbildner in der Therapie der transfusionsbedingten Eisenüberladung einen Einfluss auch auf die QOL gewinnen wird, bleibt abzuwarten.

Die Verbesserungen der letzten Jahre sind offensichtlich, dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erkrankung für die Mehrzahl der Patienten schicksalhaft ist und trotz Therapie entweder ursächlich für das Sterben bleibt oder aber bei bestehender Komorbidität das verbleibende Leben bis zum Tod durch andere Ursachen mit determiniert. Die Verbesserung der QOL ist nur für einen Teil der Patienten und für einen Teil der verbleibende Zeit dokumentierbar. Bei aller berechtigten Begeisterung über die gemachten Fortschritte darf dies im Gespräch mit dem Patienten nicht außer Acht gelassen werden. Lebensqualität entsteht nicht nur durch medikamentöse Intervention allein. Kompetente Kommunikation [Thomas ML 2005], die auch die psychosoziale Belastung anspricht und die Thematisierung der existenziellen Bedrohung zulässt, könnte ebenfalls zur Verbesserung der QOL beitragen.



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