Deutsches MDS-Forum - Duisburg 2008
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Überblick über die Therapiestrategien bei Hochrisiko-MDS

Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Uwe Platzbecker, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden
Quellenangabe: 2. Deutsches MDS-Forum - Duisburg 2008
Stand: 15.11.2008

Das mediane Erkrankungsalter von MDS-Patienten zwischen 65 und 70 Jahren bzw. teilweise bestehende prognoserelevante Komorbiditäten bedingen, dass intensive Therapien nur für eine Subgruppe von Patienten mit Hochrisikomerkmalen geeignet sind. Dazu zählen neben der Blastenvermehrung insbesondere ungünstige zytogenetische Aberrationen wie eine Monosomie 7 bzw. ein komplexer Karyotyp. Vor allem letztere sollten in die Therapieentscheidung für eine mögliche Induktionschemotherapie wesentlich einfließen, da wir wissen, dass diese Patienten längerfristig nicht von einem solchen alleinigen therapeutischen Ansatz profitieren. Obwohl anhaltende Remissionen für eine weiter zu definierende kleine Gruppe insbesondere von jungen MDS-Patienten mit Blastenvermehrung und normalem Karyotyp erzielt werden können, sind die Ergebnisse mit diesem Verfahren insgesamt als unbefriedigend zu betrachten. Demethylierende Substanzen zeigen eine Wirksamkeit unabhängig von Karyotypveränderungen und stellen eine interessante neue Alternative zu klassischer Chemotherapie dar. Dabei konnte eine randomisierte Studie für die Substanz 5-Azacytidin sogar klar die Überlegenheit zu konventionellen chemotherapeutischen Ansätzen (niedrig oder hochdosiert) bzw. reinen supportiven Maßnahmen zeigen. Obwohl die Substanz in Deutschland bisher nicht zugelassen ist (für 5-Azacytidin 2008/2009 erwartet), gehört sie bereits jetzt zu einem wichtigen Baustein im therapeutischen Armamentarium für symptomatische Hochrisiko-MDS-Patienten. Trotzdem sollte für diese Patientengruppe weiterhin die Behandlung in klinischen Studien mit neuen vielversprechenden Medikamenten angestrebt werden, um die Ergebnisse weiter zu verbessern. Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation bietet als bisher einziges bekanntes Verfahren die Möglichkeit einer Heilung für MDS-Patienten. Mit der klassischen myeloablativen Konditionierung werden dabei längerfristige krankheitsfreie Überlebensraten von 30-50% beschrieben. Demgegenüber steht jedoch die transplantationsassoziierte Mortalität von bis zu 40% insbesondere bei älteren Patienten. Deshalb wurde in den letzten Jahren an der Modifikation der Intensität der Konditionierung gearbeitet, um die davon ausgehende Toxizität zu verringern. Es ist damit gelungen, dieses Verfahren auch verstärkt bei Patienten über 60 Jahre bzw. mit Komorbiditäten anzuwenden. Trotz einer Reduktion der Frühmortalität scheinen die Spätfolgen, insbesondere die chronische "graft versus host disease" (GVHD), unbeeinflusst und können zu einer nicht unerheblichen Morbidität und Mortalität beitragen. Da die GVHD aber mit dem "Graft versus-leukemia- bzw. MDS-Effekt" verbunden und somit z.T. auch bei Patienten insbesondere mit hoher "MDS-Last" vor Transplantation gewünscht ist, sollte in Zukunft daran gearbeitet werden, entweder vor Transplantation eine tiefe Remission, z. B. mit demethylierenden Substanzen, zu erreichen bzw. ein drohendes Rezidiv nach Transplantation z. B. mit spezifischen Erhaltungstherapien zu verhindern. Dann könnten auch neue Therapieverfahren im Rahmen der allogenen Transplantation zur Anwendung kommen, die eine generelle Vermeidung der GVHD zum Ziel haben. Weitere, die individuelle Prognose beeinflussende Faktoren wie Komorbiditäten und möglicherweise auch die transfusionsbedingte Eisenüberladung sollten in die Planung einer Transplantation einfließen. Die genaue Selektion für das geeignete Therapieverfahren ist die Herausforderung in der individuellen therapeutischen Beratung von Hochrisiko-MDS-Patienten und stellt damit die Grundlage für den Therapieerfolg dar.



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