Deutsches MDS-Forum 2010 - Wo wir stehen & wohin wir gehen
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Perspektiven

"Whole Genome Sequencing" - die Lösung für alles?

Abstract | Vortrag
Autor: Dr. med. Daniel Nowak, Universitätsmedizin Mannheim, Mannheim
Quellenangabe: Deutsches MDS-Forum 2010, Göttingen
Stand: 20.09.2010

In den letzten Jahren wurden fundamentale Fortschritte im Bereich der DNA Sequenzierungstechnik erzielt, die eine Ablösung der automatisierten "Sanger"-Methode für Genomanalysen in Aussicht stellen. Diese neuen, kommerziell verfügbaren Techniken werden unter dem Begriff "Next Generation Sequencing" (NGS) zusammengefasst. Sie stellen einen bedeutenden technologischen Sprung gegenüber den Vorgängermethoden dar, weil sie schnell, genau und kostengünstig große Volumina an Sequenzinformation erzeugen. Die verschiedenen NGS Methoden bedienen sich auf teilweise sehr unterschiedliche und kreative Weise einer Kombination aus Nano- und Microarraytechnologie und neuer Sequenzierungschemie. Grundsätzlich münden jedoch alle Plattformen in einem ähnlichen Ergebnis, nämlich einer zuverlässigen parallelen Sequenzierung tausender bis Millionen von zuvor klonal amplifizierten DNA Molekülen. Damit können in wenigen Tagen in einem Sequenzierlauf mehrere hunderte Millionen Basenpaare sequenziert werden. Eine Sequenzierung größerer genomischer Zielregionen in mehreren Proben bis hin zur Sequenzierung kompletter humaner Genome zur Detektion unbekannter Mutationen ist möglich. Des Weiteren kann aber auch ein hochüberlappendes "deep sequencing" von kurzen, PCR amplifizierten, DNA Abschnitten durchgeführt werden, um z.B. Mutationen in versteckten residuellen Tumorzellpopulationen nachzuweisen. Schließlich gibt es noch zahlreiche Sonderanwendungen wie z.B. Transkriptomsequenzierung, Chip-Seq oder globale DNA-Methylierungsanalysen u.a.. Die konsequente Anwendung dieser neuen Technologien trägt das Potential, in den nächsten Jahren zu einem Paradigmenwechsel in der molekularen Erforschung von Krebs zu führen. Durch Anstrengungen internationaler Konsortien wie z.B. dem International Cancer Genome Consortium als auch einzelner wissenschaftlicher Gruppen werden derzeit tausende Genome unterschiedlicher Tumorarten sequenziert. Die so erzeugte Information kann erstmals umfassenden Aufschluss über die somatisch erworbenen DNA Schäden in verschiedenen Tumorgeweben geben. Gleichzeitig rückt mit der Weiterentwicklung der Technologie eine ökonomisch vertretbare, routinemäßige diagnostische Sequenzierung von Patientenproben in greifbare Nähe. Die Frage in wie weit und wie schnell die neu entstehende Informationsflut in einen konkreten Nutzen für die Patienten umzuwandeln ist, bleibt jedoch offen. Fazit: "Whole Genome Sequencing" - nicht die Lösung für alles - aber für vieles.



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