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Perspektiven

Zytogenetik aus dem Blut - Machbar? Relevant? Sinnvoll?

Abstract | Vortrag
Autor: Prof. Dr. med. Detlef Haase, Georg-August-Universität, Göttingen
Quellenangabe: Deutsches MDS-Forum 2010, Göttingen
Stand: 20.09.2010

Für ein adäquates klinisches Management myelodysplastischer Syndrome ist die Zytogenetik in Form einer Chromosomenbänderungsanalyse von Knochenmarkzellen nach wie vor unverzichtbar. Welche Möglichkeiten aber bestehen, wenn eine Knochenmarkpunktion eine p. sicca ergibt, der Patient eine Punktion ablehnt oder andere Gründe gegen eine Punktion sprechen oder wenn aber eine sehr engmaschige Überwachung wünschenswert ist? In unserer Gruppe haben wir uns mit der Frage beschäftigt, ob eine Chromosomenanalyse aus dem peripheren Blut in dieser Situation eine machbare, relevante und sinnvolle Option wäre. Ausgangsbasis unserer Überlegungen war die (publizierte) Tatsache, dass bei MDS und AML alle Chromosomenveränderungen, die in der KM-Bänderungsanalyse gefunden werden, auch in mittels FACS-angereicherten, CD34+ Stammzellpopulationen nachweisbar sind. Außerdem wissen wir, dass bei MDS vermehrt CD34+ Stammzellen im peripheren Blut zirkulieren. Diese Zellen könnten also ein lohnendes Target für (zyto)genetische Analysen sein. Mittels immunomagnetischer Zellsortierung (MACS) lassen sich mit vertretbarem Aufwand aus dem peripheren Blut ausreichende Zahlen CD34+ Zellen anreichern, um an Ihnen mit Sondenpanels, die in ihrer Gesamtheit über 90% aller Chromosomenanomalien bei MDS erfassen, zytogenetische Analysen durchzuführen. In einer Pilotstudie konnten wir zeigen, dass diese Analyseform verlässlich vorhandene Anomalien erfasst und für ein genetisches Monitoring im peripheren Blut

zur Erfassung und Überwachung einer Karyotypevolution, die meist einer morphologischen und klinischen Progression vorausgeht, gut geeignet ist. Im Vergleich mit Analysen aus dem Knochenmark zeigte sich, dass die klonale Situation im Knochenmark adäquat und repräsentativ auch über das peripheren Blut erfasst wird. Dieses Verfahren kann somit die Notwendigkeit wiederholter Knochenmarkpunktionen reduzieren und ist immer dann besonders hilfreich, wenn eine Knochenmarkpunktion nicht möglich ist oder abgelehnt wird. In eine aktuelle prospektive multizentrische diagnostische Studie zur FISH-Analyse zirkulierender CD34+ Zellen wurden bisher 171 Patienten (Stand Mai 2010) eingeschlossen. Die Kohorte ist hinsichtlich demographischer, klinischer und hämatologischer Parameter repräsentativ für eine typische MDS-Population. Mittels CD34-FISH wurden bei 58% der Patienten klonale Anomalien nachgewiesen. Von den Fällen mit klonalen Anomalien hatten 57% 1 Veränderung, 22% 2 Anomalien und 21% 3 oder mehr (also komplexe) Aberrationen. Besonders auffällige und bisher nicht bekannte Befunde waren die Häufigkeit von 12p-Deletionen, die wahrscheinlich aufgrund ihrer geringen Größe häufig bei der Bänderungsanalyse übersehen werden, weiterhin eine ausgeprägte Assoziation von P53-Allelverlusten mit partieller oder kompletter Monosomie 7 und die Beobachtung, dass in mehreren Fällen eine 7q-Deletion parallel zu einer Monosomie 7 in einem 2. Klon vorliegen kann. Tendenziell scheinen Fälle mit einer 7q-Deletion über ein Zwischenstadium mit der o.g. Parallelsituation in eine komplette Monosomie 7 überzugehen. Bei 15% aller mindestens 2x untersuchten Patienten konnte eine Karyotypevolution beobachtet werden. Hierfür werden einige exemplarische Verläufe demonstriert. Bereits in der Pilotstudie (s.u.) hatten wir zeigen können, dass das CD34-FISH-Verfahren aus dem peripheren Blut besonders gut dafür geeignet ist, ein therapeutisches Monitoring unter Lenalidomid und 5-Azacytidin durchzuführen. Für diese Therapien besitzt das Verfahren hinsichtlich Ansprechen und Verlust des Ansprechens einen hohen prädiktiven Wert. Eine Zytogenetik aus dem peripheren Blut ist mit dem von uns vorgestellten Verfahren gut machbar, klinisch relevant und sinnvoll für Verlaufskontrollen, Therapiemonitoring und besonders wenn Knochenmark nicht zur Verfügung steht.



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