Deutsches MDS-Forum - Duisburg 2008
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Valproinsäure in der Behandlung myelodysplastischer Syndrome

Autor: Dr. Andrea Kündgen , Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
Quellenangabe: 2. Deutsches MDS-Forum - Duisburg 2008
Stand: 15.11.2008

2001 konnten zwei verschiedene Untersucher zeigen, dass das Antikonvulsivum Valproinsäure (VPA) als ein Inhibitor der Histon-Deacetylase fungiert, und eine Differenzierung in malignen Knochenmarkzellen induziert, eine Fähigkeit, die durch All-Trans-Retinoidsäure (ATRA) verstärkt wird. Wir haben eine VPA-Pilotstudie bei einer Serumkonzentration von 50-100 µg/ml in 23 AML und MDS Patienten allein oder in Kombination mit ATRA (80 mg/m2/d, jede zweite Woche) durchgeführt. In dieser Studie lag das Gesamt-Ansprechen bei 35%. Interessanterweise waren es 44% bei einer VPA-Monotherapie, während keiner der fünf Patienten, die von Beginn an die Kombinationstherapie erhalten hatten, ansprach. Es gab einen Trend für eine höhere Remissionsrate bei Niedrig-Risiko-MDS, aber 3 von 9 Patienten mit erhöhter Blastenzahl zeigten eine Reduktion der Blastenzahl. Beim ASH 2005 berichteten wir über Nachuntersuchungen bei 122 Patienten, die zwischen 2002 und 2005 behandelt worden waren. 90 Patienten erhielten eine VPA-Monotherapie mit geplanter zusätzlicher ATRA-Therapie für Nichtresponder bzw. rezidivierte Patienten. 32 Patienten erhielten die Kombinationstherapie von Beginn an. 62 Patienten hatten eine AML, 60 hatten unterschiedliche MDS-Formen. Die Ansprechrate nach den IWG-Kriterien war 20%. Diese beinhalteten 1 CR, 1 PR und 22 Patienten mit hämatologischer Verbesserung. Die Remissionsrate war besser bei Patienten die eine VPA-Monotherapie erhielten (22 vs. 13%). 29 VPA-Nichtresponder bekamen zusätzlich ATRA ohne weiteres Ansprechen. Interssanterweise hatten von 11 Patienten, die einen Rückfall erlitten hatten und daher zusätzlich ATRA erhalten hatten, 4 eine sekundäre Remission, welche signifikant länger anhielt als die erste (22 zu 5 Monaten; p=0,012). Nebenwirkungen umfassten eine Thrombozytopenie bei 29 Patienten, in den meisten Fällen wahrscheinlich krankheitsbedingt. Bei 5 Patienten wurde ein kausaler Zusammenhang mit VPA vermutet, und die Thrombozytenzahl erholte sich nach Dosisreduktion oder Unterbrechung der Therapie. 12 Patienten erlitten eine ZNS-Toxizität, die zu einem Therapieabbruch bei 6 dieser Patienten führte. Die Ansprechraten unterschieden sich je nach FAB- oder WHO-Typen. Bei Patienten mit RA oder RARS, sprachen 36 bzw. 39% auf VPA an, während das Ansprechen bei Patienten mit RAEB, RAEB-T, CMML und AML (5%, 11%, 0 und 15%) sehr viel niedriger war. Der Unterschied zwischen MDS-Patienten mit normaler Blastenzahl und Patienten mit erhöhter Blastenzahl war hochsignifikant (p=0,005). Das "International Prognostic Scoring System" war mit einer Gesamtremissionsrate von 50% für Niedrigrisiko-, 22% für Intermediärrisiko-I-, 11% für Intermediärrisiko-II- und nur 8% für Hochrisiko-MDS ein guter Prädiktor für das Ansprechen. Es gab auch einen Unterschied in der Responsedauer zwischen Niedrigrisiko- und Hochrisiko-Patienten, die eine Borderline-Signifikanz (p=0,05) erreichte. Eine Subgruppe der Patienten erreicht eine langanhaltende Remission auch bei relativ niedriger Dosierung, die im Allgemeinen gut vertragen wird. Beim letzten update im November 2007 waren immer noch 5 unserer Responder aus der Niedrigrisikogruppe in Behandlung (nach 38, 47, 53, 56 und 63 Monaten). Mehrere kleinere Studien wurden durchgeführt um VPA allein oder in der Kombinationsbehandlung zu untersuchen. Diese waren überwiegend darauf ausgerichtet, Patienten mit höherem Risiko oder AML zu behandeln. In den meisten Studien waren die Ansprechraten in dieser Kohorte niedrig, obwohl es eine kleine Untergruppe zu geben scheint, die möglicherweise von VPA profitieren. Versuche mit anderen HDAC-Inhibitoren fallen eher knapper aus und es bleibt abzuwarten, ob die viel versprechenden Remissionsraten von VPA bei Niedrigrisiko-Erkrankungen auf einem Gruppeneffekt basieren. Wir fassen zusammen, das VPA eine hohe Remissionsrate bei Niedrigrisiko-MDS erreicht. Bei Patienten, die auf eine VPA-Monotherapie ansprechen, könnte eine weitere Kombination mit ATRA zu einer höheren Remission führen. Bei Patienten mit Hochrisiko-MDS sollten Kombinationstherapien mit Signaltransduktionshemmern oder demethylierenden Substanzen untersucht werden.



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